In einem anderen Artikel sind wir ja bereits darauf eingegangen, inwieweit der Anspruch auf Kindergeld während einer Berufsausbildung oder eines Studiums eures Kindes weiterbesteht. Was ist aber nun, wenn euer Kind ein Praktikum macht und so erste Berufserfahrungen sammelt. Was genau während der Praktikumszeit mit dem Kindergeldanspruch passiert und in welchen Fällen ihr nach wie vor Anspruch auf Kindergeld habt, erläutern wir euch in diesem Artikel.
Die Familienkasse macht zunächst einmal eine Unterscheidung nach dem Alter eures Kindes. Sie unterscheidet im Wesentlichen in
- Minderjährige Kinder unter 18 Jahren
- Volljährige Kinder ab 18 Jahren
Sollte euer Kind also noch minderjährig sein und ein Praktikum machen, dann hat dies keinen Einfluss auf den Kindergeldanspruch. Der Kindergeldanspruch für Kinder unter 18 ist an keinerlei Bedingungen geknüpft und besteht immer.
Sobald euer Kind seinen 18. Geburtstag feiert, wird von der Familienkasse untersucht, ob noch alle Voraussetzungen für einen weiteren Bezug von Kindergeld vorliegen. Welche Voraussetzungen bestehen also in Bezug auf Praktika für volljährige Kinder?
Voraussetzungen an Praktika für eure volljährigen Kinder
Damit ihr während des Praktikums eures volljährigen Kindes weiterhin Kindergeld bekommen könnt, muss das Praktikum zunächst mal zu eurer Berufsausbildung gehören. Das heißt nicht zwangsläufig, dass es sich bei dem Praktikum um ein vorgeschriebenes oder ein Pflichtpraktikum handeln muss. Das Praktikum muss eurem Kind aber für seinen angestrebten Beruf ausbilden, d.h. für diesen Beruf relevante Fähigkeiten und Kenntnisse vermitteln. Es darf sich nicht um ein gering bezahltes Arbeitsverhältnis handeln, mit dem nur Zeit überbrückt bzw. etwas hinzuverdient wird.
Am einfachsten ist der Anspruch auf Kindergeld natürlich zu begründen, wenn das Praktikum eures Kindes offiziell anerkannt ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn
- Es sich um ein Pflichtpraktikum handelt, das in der Ausbildungs- oder Studienordnung oder von der Ausbildungsstelle als Ausbildungsergänzung vorgeschrieben ist
- Die Ausbildungsstelle oder Ausbildungs- und Studienordnung das Praktikum als Ergänzung zur eigentlichen Ausbildung empfiehlt
- Das Praktikum als Zugangsvoraussetzung für das Studium benötigt wird
Sollte keine der oben genannten Voraussetzungen vorliegen, dann könnt bzw. müsst ihr inhaltlich argumentieren, dass das Praktikum euer Kind für den angestrebten Beruf ausbildet und entsprechend relevante Kenntnisse vermittelt werden. Hierzu könnt ihr bzw. euer Kind aber dann auch nochmal im Detail mit dem jeweiligen Arbeitgeber sprechen und so sicherstellen, dass relevante Kenntnisse vermittelt werden. Ein detaillierter Ausbildungsplan für das Praktikum hilft in dieser Hinsicht sehr. Am Ende müsst ihr glaubhaft rüberbringen, dass ein Bezug zum Berufsziel besteht, d.h. dass das Praktikum Ausbildungscharakter besitzt.
Ob euer Kind im Praktikum eine Bezahlung erhält oder ggf. umsonst arbeitet, ist für die Familienkasse nicht relevant. Im Klartext bedeutet das, dass euer Kind im Praktikum beliebig viel verdienen kann. Solange die obigen Voraussetzungen erfüllt sind, erhaltet ihr weiterhin Kindergeld. Die Praktikumsvergütung wird dann wie eine Ausbildungsvergütung (und nicht wie Erwerbseinkommen) behandelt und hat deshalb keinen negativen Einfluss auf euer Kindergeld. Umgekehrt ist es aber auch so, dass ihr kein Kindergeld mehr bekommt, auch wenn das Praktikum unbezahlt ist, wenn es nicht die obigen Voraussetzungen erfüllt.
Also nochmal zusammenfassend:
- Das Praktikum muss euer Kind für den angestrebten Beruf ausbilden, d.h. entsprechende Kenntnisse vermitteln
- Am besten ist eine offizielle Verpflichtung bzw. Empfehlung der Ausbildungsstelle als Nachweis
- Die Bezahlung des Praktikums ist für das Kindergeld irrelevant. Wichtig ist nur die Relevanz für das spätere Berufsziel
Bekommt ihr weiterhin Kindergeld, auch wenn das Praktikum im Ausland stattfindet?
Im Grunde genommen gelten für ein Auslandspraktikum die gleichen Voraussetzungen wie für ein Praktikum im Inland: Die im Praktikum vermittelten Inhalte müssen für den späteren Beruf relevant sein und von euch z.B. über das Praktikumszeugnis oder den Ausbildungsplan bzw. Arbeitsvertrag nachgewiesen werden. Im Falle eines Auslandspraktikums können übrigens auch erworbene Sprachkenntnisse zu den relevanten Fähigkeiten zählen. Diese solltet ihr allerdings über entsprechende Nachweise, z.B. über belegte Sprachkurse, nachweisen.
Reiner Sprachaufenthalt im Ausland? Habt ihr weiterhin Anspruch auf Kindergeld?
Wo wir gerade bei Sprachkenntnissen sind. Ihr fragt euch wahrscheinlich, wie es sich mit Sprachaufenthalten im Ausland verhält und ob diese einen Einfluss auf euren Kindergeldanspruch haben? Nun, auch hier gilt wieder der Grundsatz, dass das Erlernte eine Relevanz für die entsprechende Ausbildung haben muss. Das heißt es muss mindestens ein Ausbildungsziel bzw. ein Inhalt der jeweiligen Berufsausbildung im Spiel sein, damit der Kindergeldanspruch bestehen bleibt. Ein Auslandsaufenthalt nur auf den eigenen Wunsch eures Kindes reicht hier als Grundlage leider nicht aus.
Gute Beispiele, in denen die Voraussetzungen gegeben sind, sind z.B. Auslandssemester an der Uni oder der Besuch einer allgemeinbildenden Schule im Ausland. Im Rahmen von Au-Pair Aufenthalten müsst ihr nachweisen, dass euer Kind entsprechenden Sprachunterricht erhalten hat. Das Einkommen aus der Au-Pair-Tätigkeit eures Kindes wird von den Familienkassen nicht als Erwerbstätigkeit angesehen und stellt deshalb für den Kindergeldbezug kein Problem dar.